Wie entsteht ein Vitamin-D-Mangel?
Es gibt zahlreiche Risikogruppen, die häufiger von einem Vitamin-D-Mangel betroffen sind, z.B. Schichtarbeiter, ältere Menschen, Übergewichtige, Kinder, Schwangere sowie Menschen mit dunklerem Hautkolorit oder vorbestehenden Leber- und Nierenerkrankungen. Auch manche Medikamente (z.B. Antiepileptika) erhöhen das Risiko für einen Mangel (Amrein 2020). Aufgrund der deutlich niedrigeren UVB-Einstrahlung ist der Vitamin D Spiegel aller Menschen außerdem im Winter deutlich niedriger als im Sommer. Bestimmt werden kann er einfach durch eine Blutentnahme. Dabei sollte er idealerweise über 20-30ng/ml liegen.
Wofür brauche ich Vitamin D?
Viele unserer Körperzellen haben Vitamin-D-Rezeptoren, daraus ergeben sich auch die vielfältigen Effekte von Vitamin D. (Bouillon 2019). Vitamin D ist etwa für eine gute Zahn- und Knochengesundheit von großer Bedeutung, da es den Kalzium- und Mineralstoffwechsel reguliert. Unter anderem ist Vitamin D nötig, um die Kalziumaufnahme aus dem Darm in den Körper zu optimieren. Die klassische Vitamin-D-Mangelerkrankung heißt Rachitis und bei Erwachsenen Osteomalazie – damit verbunden ist eine deutliche Knochenerweichung und bei Kindern auch eine Verformung der Knochen. 2014 konnte sogar eine reduzierte Gesamt- und Krebssterblichkeit bei Vitamin D3-Einnahme gezeigt werden (Bjelakovic 2014).
Vitamin D und das Immunsystem
Auch das Immunsystem braucht Vitamin D, um optimal zu funktionieren (Prietl 2013). 2017 konnte in einer Auswertung zahlreicher klinischer Studien mit zu Grunde liegenden einzelnen Daten von fast 11.000 Patientinnen und Patienten gezeigt werden, dass Vitamin D Atemwegsinfekte verhindern kann, insbesondere bei täglicher/wöchentlicher Einnahme und bei bestehendem Vitamin-D-Mangel (Martineau 2017).
Vitamin D & COVID-19
Es gibt mittlerweile Beobachtungsstudien, die einen Zusammenhang zwischen Vitamin D und COVID-19 zeigen (zB. Meltzer 2020). Eine erste kleine Interventionsstudie aus Spanien zeigte ein niedrigeres Risiko für Intensivstationsaufnahme und Sterblichkeit bei Vitamin D-Einnahme (Castillo 2020).
Wie soll ich Vitamin D einnehmen?
Ideal ist eine tägliche Dosierung von 800-2.000 Einheiten (I. E.) für Erwachsene (Kimball 2020). Eine zweitägige oder wöchentliche Einnahme ist alternativ möglich und auch wirkungsvoll. Bei seltenerer Einnahme wurde ein erhöhtes Sturz- und Knochenbruchrisiko gezeigt (Sanders 2010). Außerdem scheint die Wirksamkeit nicht so gut zu sein wie bei einer täglichen, zweitägigen oder wöchentlichen Einnahme (Martineau 2017). Da Vitamin D fettlöslich ist, sollte es in einer öligen Lösung, idealerweise in hochwertigen Ölen wie z. B. Olivenöl eingenommen werden.
Kann Vitamin D überdosiert werden?
Da Vitamin D im Körper gespeichert wird, ist bei längerer zu hoher Einnahme (von > 10.000 I.E. täglich) eine Vitamin-D-Intoxikation möglich (Galior 2018) – unter anderem auch eine Nierenschädigung. „Viel hilft viel“ ist also keinesfalls richtig, wie so oft ist es die goldene Mitte: man braucht genug Vitamin D, aber nicht zu viel davon.
Muss ich Vitamin D mit Vitamin K oder Calcium kombinieren?
Derzeit gibt es keine Daten, dass Vitamin D zwingend mit Vitamin K oder Calcium kombiniert werden sollte. Insbesondere bei einer milchproduktereichen Ernährung und regelmäßigem Verzehr von grünen Gemüsesorten ist üblicherweise eine ausreichende Vitamin K- und Calcium-Zufuhr durch die Ernährung möglich.
Zusammenfassung
Ein Vitamin D Mangel ist gerade im Winterhalbjahr in unseren Breiten sehr häufig. Vitamin D wird für ein optimal arbeitendes Immunsystem benötigt. Atemwegsinfekte treten bei Vitamin-D-Einnahme seltener auf, auch die Sterblichkeit ist niedriger. Es ist daher für viele Menschen zumindest im Winterhalbjahr sinnvoll, täglich 800-2.000 Einheiten Vitamin D3 einzunehmen.
Autorin:
PD Dr. Karin Amrein, MSc
Medizinische Universität Graz, Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie
Privatordination Graz & Klagenfurt
Referenzen
- Amrein K, Scherkl M, Hoffmann M et al. Vitamin D deficiency 2.0: an update on the current status worldwide. European Journal of Clinical Nutrition volume 74, 1498–1513 (2020)
- Bouillon R, Marcocci C, Carmeliet G, Bikle D, White JH, Dawson-Hughes B, et al. Skeletal and Extraskeletal Actions of Vitamin D: Current Evidence and Outstanding Questions. Endocr Rev. 2019;40(4):1109-51.
- Bjelakovic G, Gluud LL, Nikolova D, Whitfield K, Wetterslev J, Simonetti RG, et al. Vitamin D supplementation for prevention of mortality in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2014:CD007470.
- Cashman KD, Dowling KG, Skrabakova Z, Gonzalez-Gross M, Valtuena J, De Henauw S, et al. Vitamin D deficiency in Europe: pandemic? Am J Clin Nutr. 2016;103(4):1033-44.
- Galior K, Grebe S, Singh R. Development of Vitamin D Toxicity from Overcorrection of Vitamin D Deficiency: A Review of Case Reports. Nutrients. 2018;10(8).
- Kimball SM, Holick MF. Official recommendations for vitamin D through the life stages in developed countries. European Journal of Clinical Nutrition 74, 1514–1518 (2020)
- Martineau AR, Jolliffe DA, Hooper RL, Greenberg L, Aloia JF, Bergman P, et al. Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data. BMJ. 2017;356:i6583.
- Meltzer D, Best T. et al. Association of Vitamin D Status and Other Clinical Characteristics With COVID-19 Test Results. JAMA Netw Open 2020
- Prietl B, Treiber G, Pieber TR, Amrein K. Vitamin D and immune function. Nutrients. 2013;5(7):2502-21.
- Sanders KM, Stuart AL, Williamson EJ, Simpson JA, Kotowicz MA, Young D, et al. Annual high-dose oral vitamin D and falls and fractures in older women: a randomized controlled trial. JAMA. 2010;303(18):1815-22.
- Castillo ME, Costa LME et al. Effect of calcifediol treatment and best available therapy versus best available therapy on intensive care unit admission and mortality among patients hospitalized for COVID-19: A pilot randomized clinical study. The Journal of Steroid Biochem Mol Biol, 2020
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